Menü:

Montessori in Haiti bis 2009

Die Peter-Hesse-Stiftung “SOLIDARITÄT IN PARTNERSCHAFT für EINE Welt in Vielfalt” war am 7. Dezember 1983 gegründet worden, um kleine Selbsthilfe­projekte in Haiti dauerhaft zu unterstützen, mit denen Peter Hesse 1981 privat begonnen hatte. Die “Fondation Peter Hesse” wurde – als “Tochter” der deutschen Peter-Hesse-Stiftung am 17.11.1988 vom haitianischen Staat formal genehmigt (bekannt gemacht im “Moniteur”, dem amtlichen haitianischen Mitteilungs-Blatt vom 12.10.1989). Das CENTRE MONTESSORI D’HAITI war bis zum großen Haiti Erdbeben im Januar 2010 der in Haiti zum “Qualitäts-Gütesiegel” gewordene Name des Montessori-Lehrer-Trainingsprojektes der damals haitianischen Nichtregierungs-Organisation (NRO). Sitz der „Fondation-Peter-Hesse“ war in den ersten Jahren meines Haiti Engagements und ab dem Herbst 2001 erneut in den Räumen der Deutschen Welthungerhilfe “Agro-Action Allemande” in Haiti als Gast zu Hause.
Die Peter Hesse Stiftung begann ihre Hilfstätigkeit in Haiti nach privaten Einzelhilfen in den Jahren 1981 bis 1983 anlässlich der vierten Haitireise von Peter Hesse im Dezember 1983 mit dem Wunsch Not leidenden Kindern in Haiti eine Chance für ihre eigene Entwicklung zu ermöglichen.. Ursprünglich gefördert wurden in den Jahren 1984, 1985 und 1986 außer in Ste. Suzanne auch andere Dorfprojekte im Norden Haitis, So z.B in Port Margot, Trou-du-Nord, Cap Haitien sowie auch im Süden in O’Rouck. Ursprünglich standen Mini-Nähzentren im Norden Haitis sowie ein erster Kindergarten in St. Suzanne und ein Kinderzentrum in Port Margot im Vordergrund. Parallel begann jedoch die Erprobung der Montessori-Didaktik, insbesondere in St. Suzanne. Außerdem wurden von Peter Hesse insgesamt 8 jeweils zweitägige Seminare in Projekt- Management abgehalten. Im Oktober 1986 begann in Cap Haitien die ganzjährige Ausbildung von Montessori-Vorschullehrer*innen und mit erfolgreichen Absolvent*innen in 1987 der Eröffnung von Montessori-Vorschulen für benachteiligte Kinder.

Ab 1986/87 konzentrierten wir uns auf die Ausbildung von Montessori-Vorschul­lehrer*innen und die Eröffnung von zumeist ländlichen Vorschulen für benachteiligte Kinder. Die fachliche Leitung dieses Montessori-Projekts lag in den Händen der in London ausgebildeten Montessori-Directrice Carol Guy-James aus Trinidad, bis haitianische Lehrerinnen von ihr soweit befähigt waren, die Vorschul Lehrer*innen-Ausbildung in eigener haitianischer Regie weiterzuführen.

Zurück zum Beginn von Montessori in Haiti:
Carol Guy-James hatte mich bei ihrem ersten Besuch im Bergdorf Ste. Suzanne im Dezember 1983 davon überzeugt das dort als Land Kindergarten gegründete Hilfsprojekt nicht als traditionelle lehrerzentrierte Vorschule weiter zu entwickeln sondern zunächst zu testen, wie die Kinder unseres dortigen Kindergartens auf einfache Montessori-Lernschritte reagieren, die ihnen von Carol gezeigt wurden. Dieser Test verlief so überzeugend, das Carol und ich das Kinderprojekt als Mon­tes­sori Vorschule entwickeln wollten. Ich filmte überdies den ersten Lern­ver­such der Kinder mit einer alten Hand-Filmkamera – noch ohne Ton. So wurde aus die­sem Besuch im Bergdorf in Haiti in diesem Jahr 1983 der Beginn einer letztlich erfolgreichen Montessori Entwicklung in Haiti.

Schon im nächsten Jahr, 1984, organisiert wir in Zusammenarbeit mit dem „Institut Pedagoque National (IPN)“ ein zweiteiliges Seminar für Studenten*innen Haitis aus 40 Bildungs-Organisationen Haitis. Der erste Tag wurde im Bildungsministerium Haitis abgehalten, um zunächst die Theorie der Montessori Didaktik zu erklären. Der zweite Tag war dann ein praktischer Lerntag im Bergdorf selbst, den ich auch fotografieren konnte. Carol erklärte den 40 Studentinnen die bisher nur traditionelle Unterrichtsmethoden für Schulkinder gelernt hatten, die Notwendigkeit einer neuen Grundhaltung. Der Schritt von einer reinen lehrerzentrierten Lernweise zu der kind­zentrierten Montessori Methode wurde von den Studentinnen mit großem Inter­esse aufgenommen. Die praktische Umsetzung erforderte jedoch vor allem ein Umdenken bei den Studentinnen, also eine Veränderung ihrer Einstellung zu den Kindern, die unter ihrer Obhut etwas lernen sollten. Traditionell wurde in Haiti – wie in Europa auch vor 100 Jahren – vor allem auswendig gelernt. Nun sollten die Lernenden mithilfe kindgerechter Einzelschritte konkrete Übungsergebnisse er­fah­ren und ihr Selbstvertrauen dabei stärken. Solche Lernschritte des Montessori­systems wurden von den Studentinnen enthusiastisch begrüßt; allerdings war die Zeit eines kurzen Seminars von insgesamt nur zwei Wochen zu kurz, um praktische Lern-Erfahrungen mit Schulkindern direkt umzusetzen. Dies wurde sowohl Carol als auch mir in diesem zwei Wochen-Seminar deutlich bewusst. Das Erlernen einer solch neuen Denkweise erfordert einfach mehr Zeit. Also mussten sowohl Carol als auch ich einsehen, dass wir in Kurzseminaren keine Erfolge in der Praxis er­zielen konnten.

Wir wollten aber nicht aufgeben, denn die Lernmotivation in Haiti war hoch. Also nutzten wir das folgende Jahr 1985 zur Vorbereitung von Jahreskursen für lern­willige Haitianer und Haitianerinnen. Der erste Jahreskurs vom Oktober 1986 bis zum Sommer 1987 war erfolgreich und ermöglichte die Gründung der ersten Montessori Vorschulen für benachteiligte Kinder im Norden Haitis. Bis zum Haiti-Erdbeben mit über 230.000 Toten im Januar 2010 wurden rund eintausend Mon­tes­sori Vorschul-Lehrer*innen von us ausgebildet und mit unserer Hilfe von erfolg­reichen Absolventen*innen der Jahreskurse fünfzig Montessori-Vorschulen ge­gründet.